„Heil Hitler“ im Blätterwald

„Heil Hitler“ verbreitete die Polizei

Offenbar rief jemand in der Nacht zu Freitag in Wedding „Heil Hitler“. Zeugen hörten das und riefen dann auch – allerdings die Polizei. Die Polizei hat am Morgen danach „Heil Hitler“ geschrieben – in ihrer Pressemeldung. Das sah die Berliner Morgenpost und textete unverzüglich ebenfalls „Heil Hitler“. DIE WELT schrieb dann auch gleich „Heil Hitler“ hinterher, wie auch die Berliner Zeitung. Sogar bei Flensburg Online wurde gemeldet, dass in Berlin „Heil Hitler“ gerufen wurde. Nämlich in Wedding. Nachts.

Jetzt ermittelt der Staatsschutz. Aber nur in Wedding. Nicht bei denen, die überall hin „Heil Hitler“ geschrieben haben.

Das staatliche Kind

Da irrt ein 7-Jähriger durch Berlin, fährt mit der U-Bahn von hier nach dort, keine Schuhe an den Füßen. Die Polizei greift den Jungen auf. Seine Mutter gibt an, mit ihm Streit gehabt zu haben. Er sei einfach abgehauen. Sie hatte wohl ordentlich Alkohol intus. Das war vorgestern.
Jetzt ist Ben weg. Weg von Mutter und Schwester. Das Jugendamt will in den nächsten Tagen entscheiden, ob Ben zu seiner Mutter zurück darf.

Jetzt gehört Ben dem Staat.

Die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die ihren Eltern gegen deren Willen durch staatliche Einrichtungen weggenommen wurden, ist in den letzten Jahren dramatisch gestiegen. Das meldet heute das Statistische Bundesamt. Wurden 2006 lediglich 151 Minderjährige Gegenstand einer „Herausnahme“, wie der Vorgang offiziell heißt, waren es in 2007 mit 435 fast drei Mal so viele.

Sind Eltern wirklich so schnell so dramatisch schlimmer und gefährlicher für ihre Kinder geworden? Oder hat sich etwa die öffentliche Einstellung verändert, was für Kinder schlimm und gefährlich sein könnte? Vor 30 Jahren gab es noch keine gewaltige Medienresonanz, wenn sich ein 14-Jähriger an der Parkbank mit Billigschnaps auf 2,5 Promille aufblähte. Auch war nichts zu hören von Kindern, die abgeholt wurden, weil die elterliche Wohnung vermüllt und schmutzig war. Jetzt greift der Staat ein. Manche sagen: Endlich. Denn Kinder sind ja Zukunft.

Alte sind hingegen Vergangenheit. Wenn die Sinne nachlassen und die Kräfte, vermüllen viele von ihnen in ihren Mietwohnungen. Sie irren oftmals verwahrlost durch die U-Bahnhöfe der Stadt mit kaputten Schuhen. Keine Polizeistreife greift sie auf. Wenn sie den Weg zurück in ihre Wohnung finden, sterben sie dort vielleicht. Und verwesen, bis die Nachbarn den Geruch nicht mehr aushalten.

Das ist Gegenwart.

Kopf ab ist ein Kapitaldelikt

Wie geil ist das denn: Ein Ex-Polizist, der meint, eigentlich auf die andere Seite zu gehören, überwindet zwei Personenschützer, springt über den Schreibtisch des Führers und reißt Adolf Hitler den Kopf ab. Mitten in der deutschen Hauptstadt. Er wird festgenommen und hat jetzt ein Verfahren am Hals. Und sein Hund, der nicht den Namen „Untergang“ trägt, sondern schlicht „Absturz“ heißt, musste für die Aktion auch noch auf Gassi verzichten.

Madame Tussauds Wachsfigurenkabinett fragt auf seiner Homepage: „Wen möchten Sie treffen?“ Vielleicht dachte sich der Ex-Polizist: „Hitler will ich treffen. Und zwar am Kopf. Einer muss es doch tun.“

Angeblich entwickelte er seinen Attentatsplan erst kurz zuvor, als er in der Glotze einen Bericht über die Kabinettseröffnung sah. Laut seiner Lebensgefährtin soll er gesagt haben: „So geht das nicht.“ Vielleicht war er zusätzlich auch angestachelt durch den millionenfach gedruckten Aufruf, das Wachsfigurenkabinett mit Erbrochenem zu besudeln.

Von den Medien wird die gestrige Tat artig in einen welthistorischen Kontext gerückt.

Vielleicht übernimmt Madame Tussaud ja die abzusehende Geldstrafe für den Täter. Ein größeres PR-Spektakel zur Eröffnung der neuen Filiale ist schließlich nicht denkbar. Mit ein bisschen Wachs wird der Kopf wieder angeklebt, aber fast die ganze Welt kennt jetzt den Führer, wie er da bald wieder im Herzen der Ex-Reichshauptstadt an seinem Schreibtisch sitzt.