Schnorrer als Chance

Die Großen, Fetten und Reichen kommen schnorren. Die Banken, weil sie sich verzockt haben, die Automobilhersteller, weil sie keine zeitgemäßen, umweltschonenden und attraktiven Fahrzeuge entwickelt haben. Bald auch die Pharmaindustrie, die Energieversorger, Medienunternehmen. Alle wollen sie etwas von der Steuer-Kohle abhaben. Wenn die anderen Milliarden bekommen, warum dann nicht auch sie?

Und ebenso stereotyp drohen sie mit dem Abbau von Arbeitsplätzen. Diese Form der Erpressung hat schon einen sehr langen Bart. Jeder weiß, die Leute werden im Zweifel früher oder später trotzdem rausgeschmissen, wenn die vom Unternehmen hergestellten Produkte eben unattraktiv und anachronistisch sind.

Warum also sollen die Steuergelder den sog. Managern einfach auf die Cayman Islands überwiesen werden? Es gibt keinen objektiven Grund.

Wenn wir keine Milliarden bekommen, greifen wir die Ersparnisse von Tante Emma ab, mögen manche Banker planen. Und wir bauen die nächste Fabrik in Bangladesch, drohen womöglich die Autobauer. Pharmaproduzenten testen ihre neuen Mittel an Menschen in der Dritten Welt. Energieversorger verzichten auf die Wartung ihrer Atommeiler. Ob nun mit oder ohne Steuerkohle.

Was also, wenn der Staat den Drohenden die kalte Schulter zeigt? Wie bei den Entführern der Lufthansa-Maschine in Mogadischu seinerzeit im heißen Herbst. Was, wenn der Staat auf den Victory-Gruß von Ackermann reagiert wie auf den der überlebenden Flugzeug-Terroristin? Nämlich einfach gar nicht.

Ein Szenario für die Automobil-Schnorrer: Die gewünschten Milliarden werden nicht auf die Manager-Konten überwiesen. Statt dessen werden in allen urbanen Zentren des Landes kostenfreie Volksfahrräder zur Verfügung gestellt. Öffentliche Verkehrsmittel werden komplett subventioniert. Jeder Bürger ist dann mobil. Der CO2-Ausstoß reduziert sich massiv, die Abhängigkeit vom Erdöl sinkt gewaltig, die ungehemmte Verschwendung der Ressourcen durch Individualverkehr wird beseitigt. Sogar jede entsprechend begründete Taxi-Fahrt könnte staatlich gefördert werden. Und bei all dem bleibt nachher sogar noch Geld übrig. Eine Win-Win-Win-Win-Situation. Mehr Win geht wirklich nicht.

Denn nichts ist so unzeitgemäß wie Individualverkehr in großen Karossen und großen Städten? Feinstaub, Unfalltote, Knöllchen, auch das wäre alles schlagartig Vergangenheit.

Go for Hot Magenta!

„Heute durften wir uns die beeindruckenden neuen Autos und Modelle von Ford anschauen. Manches befindet sich noch in der Entwicklung wie zum Beispiel der neue Fiesta in der mir sehr zusagenden Farbe Hot Magenta. Hier zeigt sich, welche Innovationskraft mit dem ‚Nutzgegenstand‘ Auto in schicker und ansprechender Form verbunden ist.“

aus der Rede von Bundeskanzlerin Angela Merkel anlässlich des Besuchs der Ford-Werke am 1. April 2008 in Köln

Natur obskur

Jetzt wird einen neue Sau durchs Dorf getrieben: Kohlendioxyd. Bekanntermaßen macht den größten Anteil davon die Atemluft aus. Das ist schlimm genug. Dagegen können letztlich nur Seuchen, Kriege und reduzierte Lebenserwartung helfen. Also sollen wenigstens die anderen Quellen eingedämmt werden.

Zum Beispiel Flugzeuge. Sie verursachen ein Prozent des CO2-Anteils in unserer Luft. Wenn man sie also nicht verbieten kann, dann kann man doch Flüge so stark besteuern, dass Fliegen gar keinen Spaß mehr macht.
Das scheint sinnig, ist aber vielleicht ebenso kurzsichtig wie andere Hypes aus der Vergangenheit.

Wir erinnern uns an Ozon-Alarm in Innenstädten. Zu viel Ozon ist böse für Atmung, Herz und Kreislauf. Also diskutierten wir Fahrverbote. Verwunderlich war nur, dass gerade an den abgasreichen Hauptverkehrsstraßen die Autoabgase das Ozon neutralisieren, dort also die Ozon-Konzentration gar nicht so heftig ist. Im Grünen, wo man am liebsten joggt, da ist es besonders schlimm.

Wir erinnern uns an die Einführung von bleifreiem Benzin, da Blei ja nicht gesund ist. Also kam das „gesunde“ Bleifreie. Bleifreies Benzin enthält (als Ersatz für Bleitetraethyl) allerdings 2,5 Prozent Benzol. Benzol ist eine der gefährlichsten krebserzeugenden Substanzen und ist inzwischen in hohen Konzentrationen in der Luft der Großstädte enthalten. Benzol ist so giftig, dass Tankstellenpächter gegen ihre Arbeitsschutzrichtlinien verstoßen, wenn sie selbst den Sprit in die Autos einfüllen. Das müssen schon die Autofahrer machen. Jede Tankfüllung enthält bis zu vier Liter des Giftes. Englische Wissenschaftler behaupten, die Spatzen sterben in den Städten wegen Benzol aus. Der Teufel wurde mit dem Benzolbub ausgetrieben.

Jetzt ist also das Fliegen dran – reduzieren, verbieten, wegen Kohlendioxyd. Klimaforscher haben am 21. September 2001 eine sehr interessante Entdeckung gemacht. Nachdem infolge der Anschläge sämtliche Flugzeuge über den USA zur Landung gezwungen wurden, war nicht nur die astronomische Sicht außerordentlich gut, auch die Intensität der extrem schädlichen UV-B-Strahlung erhöhte sich schlagartig in erschreckendem Maße. Es ist in der Wissenschaft bekannt, dass Flugzeuge in gewisser Höhe durch ihre Abgase eine Art Strahlungsschutzschirm verursachen, der den Menschen am Boden hilft, keinen Hautkrebs zu bekommen. Schließlich hat sich die Ozon-Schicht sehr reduziert. Die Flugzeuge schaffen gewissermaßen einen Ausgleich.

Wer haftet also für die übermaßige Strahlung und das damit einher gehende Krebsrisiko der Menschen am Boden? Sollen wir alle erkranken, nur weil wir versuchen, die Welt in einen Zustand zu versetzen, der früher vielleicht einmal war, der aber niemals mehr kommen wird? Statt dessen schaffen wir oftmals zusätzliches Leid durch unseren eingebildeten Gutmenschen-Aktionismus.

Übrigens: Bodennahes böses Ozon braucht für seine Entstehung UV-Strahlung, die ja dann ausreichend da ist, wenn die Flugzeuge nicht mehr fliegen.