Feldpost 16: Ein Tag Innendienst

Die Feldpostbriefe des Martin Wilhelm Schumacher
von der Ostfront an seine Frau und Tochter.

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Martin Wilhelm Schumacher (1906-1944)
Martin Wilhelm Schumacher (1906-1944)
O.U, den 5.7.44

Liebe Anni u. Monika!

Da ich heute Innendienst habe und mir dadurch Gelegenheit gegeben ist ein paar Zeilen zu schreiben, will ich dieses auch sofort tun. Zunächst muss ich den Empfang deines lieben Briefes vom 25.6. bestätigen, der mich gestern erreichte. Du glaubst nicht wie ich mich jedesmal über deine Zeilen freue. Geben mir dieselben doch die Gewissheit, daß alles wieder in Ordnung ist und ich glaube dir auch. Manchmal nagt ja noch der Zweifel wie ein Wurm am Herzen, aber die Zeit wird auch diese Wunde heilen. Aber nicht nur die Zeit, sondern auch deine Briefe haben eine heilende Wirkung und ich muss dir sagen, daß ich noch nie so nach Post gefiebert habe wie augenblicklich. Deshalb schreibe oft und lass mich so teilhaben an allem was dort geschieht. Unser späteres Glück soll und darf nicht in Frage gestellt werden und wenn ich mal wieder gesund nach Hause kommen sollte, wollen wir an den Zwischenfall durch nichts mehr erinnert werden.
Unser Spätzchen erinnert sich also noch oft an den Pappi. Wie gerne ich diese Zeilen gelesen habe. Du hast nun die grosse Aufgabe die Erinnerung an den Pappi wachzuhalten und ich weiss ja auch daß du diese Aufgabe erfüllen wirst. Ich glaube gerne daß der Spatz sich immer über die „Mellis“ freut und ich verzichte ja gerne auf diese Dinger wenn ich nur dem „süßen Mäulchen“ eine Freude machen kann.
– Hier musste ich eine kleine Pause machen, denn der Iwan hat seinen Morgenbesuch gemacht. Nun ist der Spuk wieder verschwunden und deshalb weiter im Text. Hoffentlich hast du inzwischen deine Kochplatte bekommen, damit du die Speisen wieder selbst zubereiten kannst, was ja auch jeden Fall für dich und Monilein besser ist.
Nun zu mir. Ich schrieb dir ja in einem meiner letzten Briefe, was für Gebrauchsgegenstände ich dringend benötige. Ist der Brief nicht angekommen weil du bis jetzt noch nichts davon erwähnt hast. Ich bat vor allen Dingen um Rasierklingen, Feuersteine, Zigarettenpapier, Spalttabletten, um ein grosses Taschenmesser und vielleicht hast du auch schon ein paar Rauchwaren. Diese Sachen schicke ruhig hierhin, denn sollte ich versetzt werden, wird das Päckchen mir nachgesandt. Es wird ja schwierig sein diese Sachen zu beschaffen aber vielleicht gelingt es doch. In meinem letzten Briefe schrieb ich dir ja, daß ich vorläufig noch hierbleiben werde, um meine gesammelten Lehrgangsweisheiten anderen zu übertragen. Damit kann aber auch jeden Augenblick Schluß sein, wenn Ersatz angefordert wird, und kann ich unter diesen Umständen schon morgen im Graben liegen. Hoffen wir, daß mir mein guter Stern weiterhin treu sein wird. Sollte der Iwan hier sehr frech werden, dann gehts allerdings sofort rein. Also abwarten u. hoffen. Langsam bessert sich das Wetter wieder und hoffentlich scheint Sonntag wieder die Sonne, damit man seine schweißgetränkten Klamotten in Ordnung bringen kann. Jetzt freue ich mich schon wieder auf deinen nächsten Brief. Sofie und Andi schon da? Dann viele Grüsse. Seid ihr lieben Zwei dann wieder tausendmal gegrüsst u. geküsst von Eurem Pappi
An Monika süsse ooooooooooooo

Nächster Brief: Sonntagsvergnügen

Feldpost 15: Im Zelt

Die Feldpostbriefe des Martin Wilhelm Schumacher
von der Ostfront an seine Frau und Tochter.

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Martin Wilhelm Schumacher (1906-1944)
Martin Wilhelm Schumacher (1906-1944)
O.U, den 2. Juli 44

Liebe Anni u. Monilein!

Sonntagnachmittag und es regnet in Strömen. Ich liege im Zelt und versuche mal auf dem Bauch mal auf dem Rücken diesen Brief fertigzukriegen. Wenn vier Mann in einem kleinen Erdloch liegen bleibt nicht viel Platz zum schreiben. Habe wieder eine anstrengende Woche hinter mir und bleibt einem nur der Sonntag um seine Sachen in Ordnung zu bringen und seinen Liebsten zu schreiben. Das Regenwetter lässt heute keine „grosse Wäsche“ zu und muss ich deshalb mit den Sachen eine Woche länger rumlaufen. Habe eben wieder meine Strümpfe gestopft, damit die Füsse heil bleiben. Nun bin ich noch immer hier und ab Montag soll ich das, was man mir eingetrichtert hat, anderen eintrichtern, und zwar so lange bis auch meine Stunde zum Einsatz schlägt. Wenige Lehrgangsteilnehmer sind noch hier, die anderen sind alle schon im Graben. Wie lange mag es bei mir noch dauern?. Nun habe ich mich damit abgefunden, daß einmal doch die Stunde schlagen wird aber ich werde dann mit ganz anderen Gefühlen rausgehen. Haben mir doch deine Briefe wieder Mut gegeben allen Gefahren ins Auge zu schauen und habe ich den festen Willen Euch wiederzusehne, damit wir noch lange Jahre ein recht glückliches Familienleben führen können. Mein guter Stern wird mich hoffentlich nicht verlassen. Dein lieber Brief vom 18.6. hat mich Anfang der Woche erreicht aber zum Wochenende habe ich leider keinen bekommen. Nun hast du dich also in der „Bühnen-Wohnung“ schon eingelebt und die Langeweile tritt an dich heran. Ich sagte dir bei meinem Dortsein dass wenn du Langeweile verspürst zum Federhalter greifen sollst um mir die Tagesereignisse zu schildern. Monika wird doch sicher jeden Tag neue Einfälle haben. Dadurch nehme ich an Eurem Leben teil und nichts würde ich versäumen. Wenn du diese Tagesberichte alle paar Tage abschließen würdest um mir dann zuzuschicken, bekäme ich laufend Post und darauf freue ich mich ja so sehr. Was sind das denn für Dinge die dich unglücklich stimmen? Kümmere dich nicht zu viel um die Menschen dort, sondern lebe dein eigenes Leben. Noch 14 Tage und ich bin schon wieder 2 Monate von Euch fort. An manchen Tagen habe ich ein so grosses Heimweh nach Euch, daß ich am liebsten fortlaufen möchte. Aber auch dieses Weh muss ich unterdrücken und hat man nur den einen Wunsch das Kriegsende gesund zu erleben. Vielleicht kommt heute abend noch ein Brief von dir. Dann wäre ich ja schon wieder zufrieden. Ist unser Familienbild noch nicht fertig. Hoffentlich kannst du alles lesen. Mein Kreuz ist ganz steif und draussen prasselt der Regen auf das Zelt. Ich sage Euch gute Nacht und gebe Euch in Gedanken viele liebe Küsschen. Euer Pappi
An Monika süsse ooooooooooooooooooooo

Nächster Brief: Ein Tag Innendienst

Feldpost 14: Mit neun Mann zum Iwan

Die Feldpostbriefe des Martin Wilhelm Schumacher
von der Ostfront an seine Frau und Tochter.

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Martin Wilhelm Schumacher (1906-1944)
Martin Wilhelm Schumacher (1906-1944)
O.U, den 25.6.44

Liebe Anni u. Monilein!

Gestern habe ich deinen Brief vom 14.6. erhalten und gleichzeitig auch die Durchschrift deines ausführlichen Briefes. Vielen Dank. Ich kann dir kaum sagen wie mich deine Briefe wieder aufgerichtet haben und mir Mut und Kraft geben für die kommenden schweren Tage. Jetzt weiß ich ja wieder daß du an mich denkst und unserem Liebling viel von mir erzählst und ich dadurch in der Erinnerung unseres Stropps### bleibe.
Mit dem heutigen Tag ist unser Lehrgang beendet und wird der morgige Tag Klärung bringen, wohin ich komme, d. h. also zu welchem Regiment ich versetzt werde. Dann bin ich endlich mal wieder bei einem festen Haufen. Als Gruppenführer werden mir 9 Mann zugeteilt und mit denen muss ich mich dann mit dem Iwan rumschlagen. Bin selbst mal gespannt wie das klappen wird. Wollen wir an den guten Stern glauben und hoffen, daß ich gut aus dem Dreck rauskommen werde. Der Wille Euch wiederzusehen ist da. Denkt viel an mich und bleibt lieb, denn dies gibt mir die Kraft den kommenden Ereignissen ruhig entgegenzusehen. Ich liege augenblicklich noch 200 km südlicher als Franz und kannst du dir jetzt ein Bild machen wo ich hänge. Von Mutter habe ich auch einen Brief erhalten und sind die Kisten ja unterwegs nach dort. Damit wäre diese Angelegenheit ja auch erledigt. Wie sehen denn deine Stübchen aus? Was ist denn das für eine Brieftasche und was ist denn darin? Schreibe mir bitte darüber.
Nun muss ich schliessen denn wir haben gleich noch eine kleine Abschiedsfeier. Bald werde ich wohl Gelegenheit haben öfter zu schreiben. Drückt beide Daumen damit alles gut geht und seid für heute wieder tausendmal gegrüsst und geküsst von Eurem Pappi
An Monika süsse oooooooooooooo

Nächster Brief: Im Zelt

Feldpost 13: Endlich Briefe im Dreck

Die Feldpostbriefe des Martin Wilhelm Schumacher
von der Ostfront an seine Frau und Tochter.

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Martin Wilhelm Schumacher (1906-1944)
Martin Wilhelm Schumacher (1906-1944)
O.U, den 18.6.44

Liebe Anni u. Monilein!

Gestern erhielt ich deine 3 Briefe, und zwar den ausführlichen vom 21.5. und die vom 8. und 10.6. Nun kann ich ja meine trüben Gedanken, mit denen ich einen Monat lang rumgelaufen bin, endlich ad acta legen. Deine Briefe haben mir mein inneres Gleichgewicht wiedergegeben und hat das Leben für mich wieder Sinn und Zweck. Wenn, wie du schreibst, die ganze Angelegenheit nur auf Freundschaft beruht, die durch Langeweile entstanden ist, so bitte ich dich immer daran zu denken, daß auch solche eine Freundschaft seine Grenzen haben muss. Ich verlange von dir nicht, daß du ein Einsiedlerleben führen sollst, du kannst dir richtig Freude machen, aber vergiss nie, daß ich im Dreck liege und daß du Abwechslung genug in unserem süssen Kr### findest. Liebe Anni! Wollen wir damit die ganze Angelegenheit als erledigt betrachten. Ich will jetzt wieder an dich glauben, doch bereite mir keine weitere Enttäuschung, denn darüber würde ich nicht mehr wegkommen. Damit wollen wir unter die Angelegenheit einen Strich machen.
Inzwischen wirst du ja deine beiden Zimmer bezogen haben, die aber kein Unberechtigter betreten darf. Denke an die Klatschbasen in dem Dorf. Du musst mir nun mal umgehend schildern, wie du eingerichtet bist, damit ich mir ein bild machen kann. Die RM 100.- habe ich nicht genommen. Vielleicht hast du dieselben inzwischen wiedergefunden. Die Bilder sind sehr nett und freue ich mich schon auf die anderen. Schreibe bitte oft!
Heute ist wieder Sonntag und inzwischen ist es schon 16 Uhr geworden. Den ganzen Tag wieder mit prüfen, flicken und waschen verknöselt. Nun liege ich vor meinem Zelt um diese Zeilen zu schreiben. Noch 8 Tage und der Lehrgang ist beendet, d.h. wenn ich nicht früher abgestellt werde. Gestern waren auch wieder Abstellungen und habe ich nochmals Glück gehabt. Langsam gewöhnen sich die alten Knochen an den schweren Dienst aber abends ist man zum Umfallen müde und es bleibt keine Zeit ein paar Zeilen zu schreiben. Was macht unser Stropp###? Erzähle ihm immer viel von mir, damit ich nicht aus ihrem Gedächtnis entschwinde. Leider kann ich heute keine Melli beipacken, vielleicht hast du noch eins übrig.
Drückt weiterhin die Daumen und behaltet mich lieb. Tausend liebe Grüsse und Küsse von Eurem Pappi
An Monika ooooooooooooooooooo

Nächster Brief: Mit neun Mann zum Iwan

Feldpost 12: Vor dem achten Hochzeitstag

Die Feldpostbriefe des Martin Wilhelm Schumacher
von der Ostfront an seine Frau und Tochter.

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Martin Wilhelm Schumacher (1906-1944)
Martin Wilhelm Schumacher (1906-1944)
O.U, den 11.6.44

Liebe Anni u. Moni!

Sonntag ist es mal wieder und habe ich im Laufe der Woche keine Zeit gehabt zum Bleistift zu greifen um Euch ein paar Zeilen zukommen zu lassen. Von Euch habe ich auch noch keine Nachricht erhalten und warte ich doch so sehnsüchtig darauf, weil ich dann vielleicht die Ruhe wiederfinde, die ich in Kürze sehr nötig haben werde. Der Lehrgang ist sehr hart hier und muss ich mich zusammenreissen um durchzuhalten. Von morgens 4 Uhr bis abends 7 Uhr. Du kannst dir denken dass die alten Knochen dann fertig sind. Dazu noch Nachtübungen. Auch hier bin ich wieder der Älteste, aber danach wird ja nicht gefragt. Heute war ich den ganzen Tag über tätig um meine Sachen in Ordnung zu bringen und ist es inzwischen schon wieder 5 Uhr geworden. Noch drei Stunden und es ist schon wieder dunkel. Gestern sind schon welche von uns abgestellt worden die dringend vorne benötigt werden. Auch ich kann täglich abgerufen werden. Hoffentlich habe ich aber vorher deinen Brief. Was macht Monika? Schreibe mir bitte oft und viel darüber und du glaubst nicht wie lieb ich den Kr#### habe. Man weiß nicht was die Zukunft bringt und gerade jetzt sieht es für mich sehr schwarz aus. Könnte ich doch wieder für immer bei Euch sein. Morgen ist unser achter Hochzeitstag. Wer hätte damals gedacht daß alles so gekommen wäre. Aber den Kopf will ich nicht hängen lassen und fest daran glauben daß wir uns wiedersehen.
Schicke bitte einstweilen nichts nach hier, denn meine Feldp.Nr. wird sich ja doch ändern. Briefe werden ja weitergeleitet werden aber man weiss nicht wie es mit Päckchen ist. Denke nur an Rauchwaren und bewahre sie gut auf. Wann ich nun wieder schreiben werde weiß ich noch nicht. Es hängt ganz vom Dienst ab. Drückt beide Daumen und behaltet mich lieb.
Tausend liebe Grüsse und Küse von Eurem Pappi
An Monika: ooooooooooooooooooo

Nächster Brief: Endlich Briefe im Dreck

Feldpost 11: Die Kopfschmerzen

Die Feldpostbriefe des Martin Wilhelm Schumacher
von der Ostfront an seine Frau und Tochter.

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Martin Wilhelm Schumacher (1906-1944)
Martin Wilhelm Schumacher (1906-1944)
Sonntag, den 4.6.44

Liebe Anni u. Monika!

Der Sonntag geht auch zur Neige und habe ich heute Nachmittag mal frei gehabt. Strümpfe und Taschentücher gewaschen und vor allen Dingen sich selbst mal gesäubert. Nun geht es auf 7 Uhr an und liege vor meinem Zelt um mich noch etwas mit Euch zu unterhalten. Ihr werdet sicher jetzt von Eurem Spaziergang oder aus dem Strandbad zurück sein und Monilein wird jetzt ihr Abendbrot verzehren und anschliessend ins Bettchen gelegt werden. Du wirst in die Gaststube gehen und dich dort noch etwas aufhalten. Ich kann mir ja jetzt alles so gut vorstellen und bin in Gedanken dann immer dabei. Nur werden meine Gedanken immer durch nichterfreulicher Erinnerungen gestört. Ein Grübeln habe ich mir angewöhnt das ich früher nicht gekannt habe. Nur ein recht lieber Brief mit erfreulichem Inhalt wird mir helfen können. Wird derselbe auch kommen? Das innere wehe Gefühl steigt wieder auf und deshalb will ich das Thema wechseln.
Leider habe ich mein grosses Taschenmesser verloren und sieh auch mal zu ob du eines auftreiben kannst. Für ein Päckchen kannst du schon mal folgende Sachen sammeln: Feuersteine, Docht, Rasierklingen, Gehwohl-Salbe und Spalt-Tabletten, da ich in letzter Zeit wieder mit Kopfschmerzen zu tun habe.
Was macht unser Glück? Erinnert sich Moni noch an den Pappi? Wäre die Scheisse doch vorbei, damit wir endlich ein glückliches Familienleben führen könnten. Schreibe bitte oft und viel, denn ich habe eine Aufmunterung sehr nötig. Tausend liebe Grüsse und Küsse von Eurem Pappi
An Monika: ooooooooooooooooooo

Nächster Brief: Vor dem achten Hochzeitstag

Feldpost 10: Die anderen „Onkels“

Die Feldpostbriefe des Martin Wilhelm Schumacher
von der Ostfront an seine Frau und Tochter.

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Martin Wilhelm Schumacher (1906-1944)
Martin Wilhelm Schumacher (1906-1944)
O.U, den 3.6.44

Liebe Anni u. Moni!

Heute hätte ich vor lauter Dienst beinahe vergessen, daß ich Geburtstag habe. Jetzt habe ich ja eigentlich ein Alter erreicht um aus der kämpfenden Truppe rausgezogen zu werden aber das Gegenteilige ist der Fall. Nach Alter wird nicht mehr gefragt und man muss dasselbe Leisten wie die jungen Sprinter. Bei der augenblicklichen brüllenden Hitze fällt es mir sehr schwer mitzukommen aber es nützt ja alles nichts, ich muss die Zähne aufeinanderbeissen und durchhalten und das noch 3 Wochen wie ich heute erfahren habe. Kurz vor Beendigung des Lehrgangs werde ich wohl deine erste Post bekommen und die ich sehnsüchtig erwarte. Wird der Inhalt des Briefes mir doch Gewissheit geben wie ich in die Zukunft schauen kann und wie ich den kommenden Gefahren entgegen gehen kann. Bei meinem Dortsein fiel mir auf, daß dein Interesse für meine Erlebnisse gering war und ich glaube daß du es dir gar nicht vorstellen kannst in welchen Gefahren man täglich schwebt. Na, vielleicht ist es auch so besser und ich mache mir sicher mehr Gedanken um Euch als ihr um mich. Heute habe ich mal wieder das #### und Gedanken gehen mir im Kopf rum die einen niederdrücken. Man möchte alles in die Ecke schmeissen und das Leben ist einem nicht mehr lebenswert. Dein Brief wird ja Klarheit bringen. Was macht Monilein? Nun werde ich sicher schon vergessen sein und die anderen „Onkels“ obenauf sein. Auch dieses Gefühl macht einen weich. Warum muss man nur so leiden? Das liebe Stimmchen will mir nicht aus den Ohren raus. Ich glaube es wäre besser gewesen wenn ich nicht im Urlaub gekommen wäre. Für mich würde es jetzt leichter sein. Noch will ich den Kopf hoch halten, denn ich habe Euch ja so lieb. Es wird dunkel und will ich mich wieder in mein Zelt verkriechen und mit meinen Gedanken noch lange bei Euch sein.
Tausend liebe Grüsse und Küsse von Eurem Pappi
An Monika besonders süsse oooooooooooooooo

Nächster Brief: Die Kopfschmerzen

Feldpost 9: Iwans Abendkonzert

Die Feldpostbriefe des Martin Wilhelm Schumacher
von der Ostfront an seine Frau und Tochter.

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Martin Wilhelm Schumacher (1906-1944)
Martin Wilhelm Schumacher (1906-1944)
O.U, den 31.5.44

Liebe Anni u. Moni!

Heisse Tage habe ich schon hier im Lehrgang hinter mir und es bleibt einem kaum Zeit ein paar Zeilen zu schreiben. Ich sitze vor meinem Zelt um das schweissnasse Hemd etwas trocknen zu lassen. In Kürze wird es wohl ab zur Front gehen. Denkt ihr auch noch mal an Euren Pappi? Wie warte ich doch sehnsüchtig auf deinen ersten Brief, damit ich beruhigt zur Front marschieren kann und ich weiss wofür ich all die Strapazen ertrage. Was macht Monika? Erzähle ihr bitte jeden Tag von mir. Sind die „Mellis“ angekommen? Es wird dunkel und der Iwan fängt wieder mit seinem Abendkonzert an.
Oft werde ich nicht schreiben können, denn meine Zeit lässt es nicht zu. Schreibe du mir aber oft.
Ich sage Euch gute nacht und werde in Gedanken immer bei Euch sein.
Viele liebe Grüsse und Küsse von Eurem Pappi
An Monika süsse ooooooooo

Nächster Brief: Die anderen „Onkels“

Feldpost 8: Hoffen aufs Soldatenglück

Die Feldpostbriefe des Martin Wilhelm Schumacher
von der Ostfront an seine Frau und Tochter.

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Martin Wilhelm Schumacher (1906-1944)
Martin Wilhelm Schumacher (1906-1944)
F.P. 30252 B

O.U, den 29.5.44

Liebe Anni u. Moni!

Der zweite Pfingsttag geht auch zu Ende und will ich noch ein paar Zeilen schreiben, denn wer weiss ob ich in den nächsten Tagen dazu kommen werde. Ich habe in meinem gestrigen Briefe meinem Herzen etwas Luft gemacht und will auch nicht mehr näher darauf eingehen. Sehnsüchtig warte ich auf deinen ersten Brief, damit ich weiss daß ich dir vertrauen kann und alles wieder gut ist. Wir dürfen ja nicht nur an uns denken, sondern auch an unseren Sonnenschein und für den zu leben unsere Pflicht ist. Denke bitte immer daran.
Ich schrieb dir ja schon, daß ich 13 Tage fast ununterbrochen auf der Bahn gelegen habe und ist mein Bedürfnis in dieser Beziehung einstweilen gedeckt. Trotzdem würde ich die Fahrt nach dort sofort wieder antreten. Wenn meine Stimmung anders gewesen wäre, dann hätte man mehr von der Fahrt gehabt. Um mir Wien anzugucken hatte ich ja Zeit und habe dies auch redlich besorgt. Eine wunderbare Stadt. Den berühmten Wiener Prater habe ich auch nicht überschlagen und habe mir auf dem Riesenrad Wien von oben angesehen. Das wäre etwas für Monika gewesen. Dann ging es weiter durch Ungarn über Budapest, durch Rumänien und durch die Karpathen nach Bessarabien, und liege jetzt ungefähr an der Mündung eines grossen Flusses, der im Wehrmachtsbericht öfters genannt wird. Hier wird nun das eintreten was ich dir gestern schrieb. Vielleicht liege ich schon wenn du diesen Brief erhältst in Stellung. Hoffentlich bleibt das Soldatenglück mir hold, denn ich will Euch ja wiedersehen. Was macht Monika? Immer höre ich das helle Stimmchen, das „Bitte mehr“ wenn ich ihr ein Märchen erzählt hatte. Ich darf nicht zuviel daran denken sonst wird es mir wieder so schwer ums Herz.
Bleibt lieb und denkt viel an euren Pappi, der Euch so lieb hat
Süsse Küsschen an Monika oooooooooo

Nächster Brief: Iwans Abendkonzert

Feldpost 7: Das Donnern der Front

Die Feldpostbriefe des Martin Wilhelm Schumacher
von der Ostfront an seine Frau und Tochter.

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Martin Wilhelm Schumacher (1906-1944)
Martin Wilhelm Schumacher (1906-1944)
F.P. 30252 B
Pfingsten, den 28.5.44

Liebe Anni u. Monilein!

Gestern abend, nach 13 Reisetagen, bei meinem Haufen gelandet. Heute am 1. Pfingsttage und ausserdem an meinem Namenstage fleissig geschanzt und mit 2 anderen Kameraden uns ein Zelt gebaut. Hierin werde ich eine kurze Zeit hausen müssen, denn ich muss hier einen Lehrgang mitmachen um dann an die Front abgestellt zu werden. Was ich befürchtet habe ist nun eingetroffen und in Kürze, vielleicht schon, wenn du diesen Brief erhältst, hängt das Leben täglich am seidenen Faden. Ich muss mit den Wölfen heulen und im übrigen auf meinen guten Stern vertrauen. Wenn ich an meinen Urlaub zurückenke, dann sitzt es mir immer wie ein dicker Stein auf der Brust. Hatte ich mich doch ein Jahr lang auf meinen Urlaub so gefreut und ich muss es dir nochmals sagen, daß ich sehr enttäuscht und schwer weggegangen bin. Liebe Anni, wenn du mich nicht mehr willst, dann lass es mich wissen und muss ich mich dann damit abfinden, denn ich möchte nicht als fünftes Rad am Wagen nebenherlaufen. Schwer ist es mir geworden die Tage dort auszuhalten und ich kann es dir jetzt sagen, wenn unser süsses Monilein nicht gewesen wäre, ich wäre bei Nacht und Nebel fortgelaufen so weh war es mir ums Herz. Du wirst sagen es ist ja gar nichts gewesen und ich glaube dir ja auch, aber wenn man nach langer langer Zeit nach „Hause“ kommt und findet freundschaftliche Verhältnisse vor, die auch nichts tieferes in sich haben, so wirst du zugeben müssen, daß man eigenartig berührt ist. Als Frontsoldat hat man eben kein Verständnis mehr dafür, und ist man ja hier im Dreck um seine Familie und sein Vaterland zu schützen und lebt deshalb nur in seinen Gedanken dafür. Liebe Anni, ich dir hiermit keine Vorwürfe machen, es muss nur etwas von der Brust runter, was mich 14 Tage lang bedrückt hat. Und da ich mit keinem anderen Menschen darüber sprechen kann, so muss ich mir eben auf diese Art und Weise etwas Luft verschaffen, damit trübe Gedanken weggehen und ich mit klaren Augen den kommenden Gefahren entgegen gehen kann. Mein Liebes, nun habe ich nur noch den einen Wunsch und die eine Bitte, schreibe mir bitte nur noch, daß ich meine trüben Gedanken zur Seite stellen kann und daß es noch Sinn hat für Euch zu leben. Damit habe ich nun dieses für mich so schwere Thema zum letztenmal berührt und hoffe auf günstige Post von dir. Lass es dir aber um Gottes Willen nicht einfallen deine Unterkunft zu wechseln, denn ich habe mich ja davon überzeugt, daß du dort gut aufgehoben bist und ein sehr nettes Zimmer hast. Nun zu anderen Dingen. Wie immer, so habe ich auch jetzt Euer Photo vor mir liegen und ist es mir so, als würden die lieben Stimmen aus dem Photo zu mir sprechen. #### Wann, aber wann und vielleicht nie mehr werde ich zu Euch sprechen können. Ich will den Kopf hoch halten und nur der eine Gedanke beseelt mich Euch wiederzusehen. Was macht Monika? Hat sie den Pappi vermisst oder sind die anderen Onkels ihr lieber? Schreibe mir bitte oft und erzähle mir alles. Sind 3 Päckchen angekommen? Hat sich das süsse Mäulchen gefreut? Der Abend senkt sich und ganz in der Nähe ist das Donnern der Front.
Ich gebe Euch in Gedanken viele Küsse und hoffe, daß auch ihr noch an mich denkt. Lebt wohl und nochmals viele Grüsse und Küsse on Eurem Pappi.
An Monika: ooooooooooooo

Nächster Brief: Hoffen aufs Soldatenglück