Die Feldpostbriefe des Martin Wilhelm Schumacher von der Ostfront an seine Frau und Tochter. Mehr über diese Briefe… |
Liebe Anni u. Monika!
Da ich heute Innendienst habe und mir dadurch Gelegenheit gegeben ist ein paar Zeilen zu schreiben, will ich dieses auch sofort tun. Zunächst muss ich den Empfang deines lieben Briefes vom 25.6. bestätigen, der mich gestern erreichte. Du glaubst nicht wie ich mich jedesmal über deine Zeilen freue. Geben mir dieselben doch die Gewissheit, daß alles wieder in Ordnung ist und ich glaube dir auch. Manchmal nagt ja noch der Zweifel wie ein Wurm am Herzen, aber die Zeit wird auch diese Wunde heilen. Aber nicht nur die Zeit, sondern auch deine Briefe haben eine heilende Wirkung und ich muss dir sagen, daß ich noch nie so nach Post gefiebert habe wie augenblicklich. Deshalb schreibe oft und lass mich so teilhaben an allem was dort geschieht. Unser späteres Glück soll und darf nicht in Frage gestellt werden und wenn ich mal wieder gesund nach Hause kommen sollte, wollen wir an den Zwischenfall durch nichts mehr erinnert werden.
Unser Spätzchen erinnert sich also noch oft an den Pappi. Wie gerne ich diese Zeilen gelesen habe. Du hast nun die grosse Aufgabe die Erinnerung an den Pappi wachzuhalten und ich weiss ja auch daß du diese Aufgabe erfüllen wirst. Ich glaube gerne daß der Spatz sich immer über die „Mellis“ freut und ich verzichte ja gerne auf diese Dinger wenn ich nur dem „süßen Mäulchen“ eine Freude machen kann.
– Hier musste ich eine kleine Pause machen, denn der Iwan hat seinen Morgenbesuch gemacht. Nun ist der Spuk wieder verschwunden und deshalb weiter im Text. Hoffentlich hast du inzwischen deine Kochplatte bekommen, damit du die Speisen wieder selbst zubereiten kannst, was ja auch jeden Fall für dich und Monilein besser ist.
Nun zu mir. Ich schrieb dir ja in einem meiner letzten Briefe, was für Gebrauchsgegenstände ich dringend benötige. Ist der Brief nicht angekommen weil du bis jetzt noch nichts davon erwähnt hast. Ich bat vor allen Dingen um Rasierklingen, Feuersteine, Zigarettenpapier, Spalttabletten, um ein grosses Taschenmesser und vielleicht hast du auch schon ein paar Rauchwaren. Diese Sachen schicke ruhig hierhin, denn sollte ich versetzt werden, wird das Päckchen mir nachgesandt. Es wird ja schwierig sein diese Sachen zu beschaffen aber vielleicht gelingt es doch. In meinem letzten Briefe schrieb ich dir ja, daß ich vorläufig noch hierbleiben werde, um meine gesammelten Lehrgangsweisheiten anderen zu übertragen. Damit kann aber auch jeden Augenblick Schluß sein, wenn Ersatz angefordert wird, und kann ich unter diesen Umständen schon morgen im Graben liegen. Hoffen wir, daß mir mein guter Stern weiterhin treu sein wird. Sollte der Iwan hier sehr frech werden, dann gehts allerdings sofort rein. Also abwarten u. hoffen. Langsam bessert sich das Wetter wieder und hoffentlich scheint Sonntag wieder die Sonne, damit man seine schweißgetränkten Klamotten in Ordnung bringen kann. Jetzt freue ich mich schon wieder auf deinen nächsten Brief. Sofie und Andi schon da? Dann viele Grüsse. Seid ihr lieben Zwei dann wieder tausendmal gegrüsst u. geküsst von Eurem Pappi
An Monika süsse ooooooooooooo
Nächster Brief: Sonntagsvergnügen