Die große Flirt-Lüge

Gestern schrieb ich über die Begegnung der besonderen Art mit der Professionellen namens Dani, die an mir die Rezepte eines Flirttrainers für die BILD der Frau ausprobiert hat.
Heute lese ich in der Morgenpost ein Interview mit eben diesem Flirttrainer. Dieses Interview setzt mein Erleben von gestern in ein gänzlich anderes Licht. Es ist alles noch viel schlimmer.

Phillip von Senftleben heißt der Flirtexperte, für dessen Rezepte ich unwissend als Versuchskaninchen herhalten musste. In der „Motte“ erklärt er die Basics des Flirts:
Wenn er jetzt flirten müsste, würde er seine „Top Five“ anwenden. „Das sind Mut, Aufrichtigkeit, individuelles Vorgehen, Humor und die drei großen S.“ Diese wiederum seien „Selbstreflektion, Selbstbewusstsein, Selbstironie“.

Philip von Senftleben arbeitet auch in einer unbedeutenden Berliner Radio-Show und entlockt dort telefonisch irgendwelchen Frauen am Arbeitsplatz die private Telefonnummer. Phillip hat ein außerordentlich verhaltensinteressantes Business.

Sezieren wir doch vor diesem Hintergrund einmal Danis Flirt-Attacke von gestern:

  • Mut. Na gut. Aber eigentlich auch nicht, denn im Rücken drückt ihr als Professionelle natürlich die Geschichte, die sie bei BILD abgeben muss. Sie macht das ja gar nicht aus Überzeugung, sondern um im Blatt zu punkten.
  • Aufrichtigkeit. Da ist sie nun komplett durchgefallen. Alles war eine große Lüge.
  • Individuelles Vorgehen. Kann man als Opfer natürlich schlecht beurteilen. War aber alles so allgemein gehalten, dass sie die Fragen und Bemerkungen genauso gut dem Typen am Nebentisch reindrücken hätte können. Schulnote 4-. Da hätte etwas mehr Kreativität drin sein können.
  • Humor. Humor? Den einzigen humoresken Spruch bei diesem Event habe ich als Opfer abgelassen. Da hat BILD-Dani versagt.
  • Selbstreflexion. Hmmm. Dazu war es nun doch zu abgespult.
  • Selbstbewusstsein. Das kam durch. Aber mehr das einer Reporterin als das einer Frau, die aus eigenem Antrieb und Interesse am Gegenüber eine solche Veranstaltung abzieht.
  • Selbstironie. Das war nun wirklich nicht ihre Kernkompetenz. Eher fühlte ich so etwas wie eine Minussymptomatik, die durch den Druck, etwas Ansehnliches in die Redaktion zu bringen, übertüncht war.

Und trotz all dieser Minuspunkte hat sie es geschafft, dass ich ihr meine Handynummer gegeben hätte. Trotz dieses ganzen komischen Vorgangs. Trotz des zentralen Pickels in ihrem Dekolletee.

Aber was ist das denn überhaupt für ein krankes Ziel? Eine Telefonnummer führt doch nicht automatisch zu gemeinsamem Nachwuchs oder ähnlich Unanständigem. Warum ist es heutzutage ein Triumph, eine private Telefonnummer abzugreifen? Das größte Risiko ist doch das des Stalkings oder von permanenten Werbeanrufen.

Ganz einfach. Wir sind alle ziemlich krank. Würdigen die Menschen um uns rum keines Blickes, quatschen aber permanent körperlos am Telefon. Beim Laufen, beim Shoppen, im Bett, beim Flirten.
So hat es Dani vorgemacht, als sie ihre Freundin anrief.

Jetzt lese ich also von Phillips verhaltensinteressanter Profession und stelle fest, dass selbst dieses wirre Telefonat nur eine riesige Lüge war. Schließlich muss in Danis Mentalsekret (nein, hat nix mit Feuchtgebieten zu tun) für die BILD der Frau ja auch etwas über die Stimme und so vorkommen.

Zurückgeblieben ist nun doch das Gefühl, als hätte ich für einen ordentlichen Betrag eine Handy-Attrappe gekauft. Also Lehrgeld bezahlt. Und was habe ich gelernt?

Flirten kann ganz schön für den Arsch sein.