Wie die Zeiten sich ändern: Als ich noch zur Schule ging, hatte ich bis zum Alter von 14 Jahren in der U-Bahn keinen Sitzplatzanspruch. So stand es in den Beförderungsbedingungen. Ich durfte ja auch nicht auf dem Rasen spielen oder im Park mit dem Rad fahren. Wenn ein Erwachsener kam, konnte er mich in der U-Bahn mit meinem bleischweren Schulranzen vom Sitzplatz wegjagen.
Bis heute stehe ich lieber in der U-Bahn, denn irgendwie habe ich das Gefühl, wieder keinen Sitzplatzanspruch zu haben. Denn ich bin weder krank, behindert, noch alt, eine Frau oder gehöre zu einer unterdrückten Minderheit. Ich stehe am liebsten – dann kann mich keiner verjagen oder eine entsprechende hassuntermalte Anforderung an mich stellen.
Gestern kam eine junge Mutter mit ihrem rund fünfjährigen Kind in den Waggon. Es war nur noch ein Behindertensitz frei. Ich dachte, sie setzt sich dort hin, lässt ihr Kind etwas rumtoben oder setzt es sich auf den Schoß. Nein, sie setzte das Kind auf den freien Platz und kniete sich mitten in den Dreck vor ihren kleinen Pascha. Dann fing sie an, auf das Kind einzureden.
Früher habe ich mir oft gewünscht, erwachsen zu sein, als ich überall verjagt wurde oder immer gestört habe. Heute bin ich erwachsen und wäre eigentlich ganz gerne wieder ein Kind.
Bloß was wird aus diesen Kindern, wenn sie mal nicht mehr von Mutti in Watte gewickelt werden? Vielleicht will ich doch heutzutage kein Kind sein.