Schlimme Geschenke

Kinderschutz Die Übergriffe Erwachsener auf das kindliche Geschlechtsteil dominieren wieder die Schlagzeilen. Nehmt doch alle mal die Finger weg!

Auf der Odenwaldschule und in verschiedenen kirchlichen Schulen wurde viele Jahre lang an den Geschlechtsteilen kleiner Jungs manipuliert, der Aufschrei in unserer Gesellschaft war grenzenlos, als das bekannt wurde.

Erst vor Kurzem wurde ein Mädchen auf einer Schultoilette in Berlin von einem Kinderschänder angegangen. Schon die Vorstellung ist grausam: Alleine und ängstlich auf einem stinkenden öffentlichen Klo, die Farbe an den Wänden blättert ab, dazwischen unzählige Tags, schmirgelndes Toilettenpapier – und dann steht da plötzlich wie im Horrorfilm ein Pädophiler. Na klar darf das nicht sein.

Jetzt werden Berlins Schulen abgeriegelt. Von außen, damit keine für die Kinder gefährlichen Personen eindringen können. Auch innen werden die Einrichtungen mit HighTech-Warnfunktionen ausgestattet, um den Schaden durch jugendliche Amokläufer gering zu halten.

Überwachungskameras, geheime Zahlencodes, Alarmeinrichtungen. Schulen sind bald ähnlich gesichert wie Justizvollzugsanstalten oder forensische Abteilungen in der Psychiatrie. Vor der Schule ist eine Tempo-30-Zone eingerichtet, damit es nicht zum Unfall kommen kann, wenn dann doch mal ein Schüler unbetreut in freier Wildbahn unterwegs ist.

Fast alle finden das gut so. Wer will da schon widersprechen, wenn es heißt: „Wir müssen doch die Kinder schützen.“ Und das tun wir mit deutscher Gründlichkeit. Kinder sind unsere Heiligen der Jetztzeit.

Und natürlich wird von Amtswegen eine Ermittlung eingeleitet, wenn ein Baby am Geschlechtsteil blutend in eine Klinik gebracht wird, ganz augenscheinlich durch Dritte verletzt.
Welch schaurige Vorstellung: Das gesunde Baby wird von den Eltern in die Hände eines Fremden gegeben, der dann mit einem Skalpell teilweise ohne Narkose am kleinen Geschlechtsteil schlitzt. Womöglich noch bei Kerzenlicht wie in einem Grusel-Schocker.
Selbstredend wird da die Staatsanwaltschaft aktiv, anschließend verhandelt das Landgericht Köln. Es muss abgewogen werden: Die Unversehrtheit der Heiligtümer der Jetztzeit gegen die Rituale der Vergangenheit. Plötzlich wird die Beschneidung als Körperverletzung gewertet.

Gläubige Muslime und Juden sind gleichermaßen empört. Die Skalpell-Attacke sei doch „ein Geschenk“ an das Kind, ein Verbot der „schwerste Angriff auf jüdisches Leben seit dem Holocaust“.
Auch auf der Odenwaldschule haben Päderasten ihre Übergriffe selbst als „Geschenk“ gewertet. Stammten die Jungs dort doch oft aus zerrütteten Familien und hatten in ihrem bislang kurzen Leben nur wenig Zuneigung erfahren.

Die Birne von der Bernauer Straße

Die Birne vom U-Bahnhof Bernauer Straße
Die Birne vom U-Bahnhof Bernauer Straße

Die Birne hing schon da, bevor ihre Produktion unlängst von der EU verboten wurde. Wie eine Mahnung. Stiller leuchtender Protest. Keiner weiß warum. Ist halt Kunst. Und sieht sogar gut aus. Heimelig und warm. Tschüs liebe Birne. Dein Zug ist abgefahren.

„Heil Hitler“ im Blätterwald

„Heil Hitler“ verbreitete die Polizei

Offenbar rief jemand in der Nacht zu Freitag in Wedding „Heil Hitler“. Zeugen hörten das und riefen dann auch – allerdings die Polizei. Die Polizei hat am Morgen danach „Heil Hitler“ geschrieben – in ihrer Pressemeldung. Das sah die Berliner Morgenpost und textete unverzüglich ebenfalls „Heil Hitler“. DIE WELT schrieb dann auch gleich „Heil Hitler“ hinterher, wie auch die Berliner Zeitung. Sogar bei Flensburg Online wurde gemeldet, dass in Berlin „Heil Hitler“ gerufen wurde. Nämlich in Wedding. Nachts.

Jetzt ermittelt der Staatsschutz. Aber nur in Wedding. Nicht bei denen, die überall hin „Heil Hitler“ geschrieben haben.

Deutsche Lichtgestalten

Wie umweltbewusst sind die Deutschen? Immer wieder forscht das Bundesumweltministerium nach dieser Frage. Ob nun in der Woche, in der nachts alle Lichter abgeschaltet werden, um ein Zeichen gegen den CO2-Ausstoß zu setzen, oder in der Woche, in der Tag und Nacht alle Bauwerke mit starken bunten Strahlern angeleuchtet werden unter dem Motto „Festival of Lights – Berlin leuchtet„.

„Der Erhalt natürlicher Lebensräume ist aus Sicht von über 90% der Befragten nicht nur für die Natur, sondern auch für den Menschen lebenswichtig“, heißt es in der gerade veröffentlichten Studie „Umweltbewusstsein in Deutschland 2008“. Wer hätte das gedacht? Umwelt ist klasse und wichtig, sagen viele Bürger, wenn das Bundesumweltministerium sie fragt. Und ja, Merkels Vostoß, innerhalb der nächsten 500 Jahre den CO2-Ausstoß zu halbieren, finden die meisten sicher auch riesig. Gutmenschliches Nicken hier und dort. Mit beruhigtem Gewissen wird die Energiesparlampe angeschaltet und entfaltet nur ganz zaghaft und gemächlich ihre schädliche Helligkeit.

Diese Lampen sondern nicht nur Hautkrebs verursachendes und Stress erzeugendes Licht und Elektrosmog ab, sie halten auch viel kürzer und verbrauchen mehr Strom, als von den Herstellern versprochen wird. Diese Lampen müssen unter massivem CO2-Ausstoß mit dem Auto in weit entfernte Recyclinghöfe gefahren werden, weil sie zu giftig sind, um mit dem Hausmüll entsorgt zu werden. In Unmengen von Wald vernichtenden ganzenseitigen Anzeigen in Illustrierten und Tageszeitungen wird darauf hingewiesen.

Auch soll man diese Lampen nicht immer an und ausschalten, wenn man kurz ins Bad will. Das verbraucht dann viel mehr Strom, als sie an zu lassen. Anders bei der verbotenen Glühbirne. Die verbraucht gleichmäßig Strom ist sofort hell. Wer also bei Gutmenschen zu Besuch ist und auf die Toilette muss, sollte vorher abfragen, welche Lampenart dort installiert ist. Sind es Energiesparlampen, bleibt das Licht nach dem kurzen Toilettengang an, sind es böse Glühbirnen, muss natürlich so schnell wie möglich wieder der Lichtschalter betätigt werden. Früher sind Ehen daran zugrunde gegangen, wie Zahnpastatuben ausgedrückt wurden, künftig wird es das Lichtschalterbedienverhalten sein, das für Zerrüttung sorgen wird.

Trotzdem gibt nur 1 Prozent der Befragten in der Studie des Ministeriums an, für sie komme ein Ersatz von Glühlampen durch Energiesparlampen nicht in Frage. Zum Vergleich: Für 12 Prozent kommt eine Kraftstoff sparende Fahrweise mit dem Auto nicht in Frage. Und für sogar 31 Prozent kommt der Bezug von Ökostrom nicht in Frage. Konsequenterweise schreibt Sigmar Gabriel in der Einleitung zur Studie kurz vor dem Wahljahr 2009: „Die vorliegende Studie zeigt uns: Das Umweltbewusstsein der Deutschen bleibt auf seinem hohen Niveau.“ Fragt sich nur, im Vergleich zu was.

Schnorrer als Chance

Die Großen, Fetten und Reichen kommen schnorren. Die Banken, weil sie sich verzockt haben, die Automobilhersteller, weil sie keine zeitgemäßen, umweltschonenden und attraktiven Fahrzeuge entwickelt haben. Bald auch die Pharmaindustrie, die Energieversorger, Medienunternehmen. Alle wollen sie etwas von der Steuer-Kohle abhaben. Wenn die anderen Milliarden bekommen, warum dann nicht auch sie?

Und ebenso stereotyp drohen sie mit dem Abbau von Arbeitsplätzen. Diese Form der Erpressung hat schon einen sehr langen Bart. Jeder weiß, die Leute werden im Zweifel früher oder später trotzdem rausgeschmissen, wenn die vom Unternehmen hergestellten Produkte eben unattraktiv und anachronistisch sind.

Warum also sollen die Steuergelder den sog. Managern einfach auf die Cayman Islands überwiesen werden? Es gibt keinen objektiven Grund.

Wenn wir keine Milliarden bekommen, greifen wir die Ersparnisse von Tante Emma ab, mögen manche Banker planen. Und wir bauen die nächste Fabrik in Bangladesch, drohen womöglich die Autobauer. Pharmaproduzenten testen ihre neuen Mittel an Menschen in der Dritten Welt. Energieversorger verzichten auf die Wartung ihrer Atommeiler. Ob nun mit oder ohne Steuerkohle.

Was also, wenn der Staat den Drohenden die kalte Schulter zeigt? Wie bei den Entführern der Lufthansa-Maschine in Mogadischu seinerzeit im heißen Herbst. Was, wenn der Staat auf den Victory-Gruß von Ackermann reagiert wie auf den der überlebenden Flugzeug-Terroristin? Nämlich einfach gar nicht.

Ein Szenario für die Automobil-Schnorrer: Die gewünschten Milliarden werden nicht auf die Manager-Konten überwiesen. Statt dessen werden in allen urbanen Zentren des Landes kostenfreie Volksfahrräder zur Verfügung gestellt. Öffentliche Verkehrsmittel werden komplett subventioniert. Jeder Bürger ist dann mobil. Der CO2-Ausstoß reduziert sich massiv, die Abhängigkeit vom Erdöl sinkt gewaltig, die ungehemmte Verschwendung der Ressourcen durch Individualverkehr wird beseitigt. Sogar jede entsprechend begründete Taxi-Fahrt könnte staatlich gefördert werden. Und bei all dem bleibt nachher sogar noch Geld übrig. Eine Win-Win-Win-Win-Situation. Mehr Win geht wirklich nicht.

Denn nichts ist so unzeitgemäß wie Individualverkehr in großen Karossen und großen Städten? Feinstaub, Unfalltote, Knöllchen, auch das wäre alles schlagartig Vergangenheit.

Wie die Finanzkrise einen Tapetentisch vor der Sparkasse trifft

„Finanzkrise – Wir haben das Patentrezept“ Mit solchen und ähnlichen handgemalten Plakaten stehen vier junge Frauen vor meiner Sparkassen-Filiale. Auf einem Tapetentisch liegen Bücher, Broschüren, Zeitungen. Da ist vom „neuen Bretton-Woods“ die Rede, immer wieder fällt der Name LaRouche.

Eine junge Frau redet ohne Punkt und Komma auf mich ein. Ich unterbreche. Sage, dass ich sehr neugierig bin, was politisch engagierte Menschen jenseits vom Mainstream heute für Ideen und Meinungen verbreiten. Ich sage, ich würde gerne verstehen, was hinter einem solchen neuen Bretton-Woods oder der BüSo, also der Bürgerrechtsbewegung Solidarität stehe, würde gerne nachvollziehen, wie solche Ideen ihrer Meinung nach politisch durchgesetzt werden könnten, ohne eine dirigistisches oder gar totalitäres System zu installieren.

Die junge Frau wirft mir einen Schwall von finanzpolitischen Fachbegriffen entgegen. Sie sagt, ich müsse ihre Zeitung abonnieren, oder das Buch kaufen, oder spenden, oder meine Adresse auf eine Liste setzen, damit man mich anrufen könne.

All das lehne ich ab. Ich erkläre, dass ich zunächst die Idee kennenlernen müsse, bevor ich Daten oder Geld abliefere. Schließlich stehe bestimmt an der nächsten Ecke ein Tapetentisch mit notleidenden Bankern oder Scientologen. Ich sei halt ein skeptischer Mensch, daher hätte ich schließlich auch keine Derivate. Die Frauen reden nun immer lauter zeitweise gleichzeitig auf mich ein. Eine erklärt mir, wir würden seit langer Zeit in einer wirtschaftlichen Abwärtsspirale leben, es gebe so viele Arbeitslose. Ich antworte ihr, dass früher viel länger für ein Laib Brot gearbeitet werden musste als heute, dass der hiesige Wohlstand recht hoch sei und dass die Zahl der Arbeitslosen schon erheblich höher lag im Laufe unserer Geschichte. Sichtlich ärgert sie sich über Widerspruch.

Was ich denn nun zu tun gedenke, werde ich fordernd gefragt. Ich sage, ich werde im Internet die Vorstellungen und Ziele dieser BüSo nachlesen, denn nur, wenn ich etwas im Kern verstehe und befürworte, gibt’s Geld oder Daten. „Pah!“, reagiert die angefröstelte Frau hämisch. „Sie brauchen wohl so etwas wie ein Second Life!“
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Brot und Spiele – Mit der IKB am Büffet

Gestern beim Eishockey Eisbären Berlin gegen den finnischen Meister in der O2-Arena: Ich war eingeladen in den VIP-Bereich, habe mich ordentlich durchs Büffet gefräst. Alle Tische hatten eine Bezeichnung, wer dort sitzen darf. Etwas unscheinbar, aber doch ganz nah am kulinarischen Zentrum ein Tisch mit der Beschriftung „IKB“. Keiner sitzt dort. Ich stelle mutig meinen Orangensaft ab, mitten in die Finanzkrise.

Plötzlich kommen einige große Herren mit entschlossenem Schritt und grimmiger Miene auf mich zu, setzen sich an den Tisch mit der berüchtigten Bezeichnung und meinem ärmlichen Orangensaft. Obwohl die Eisbären in Führung liegen, glaube ich auf den Gesichtern der Banker eine Mischung aus Wut und Verzweiflung mit einer leichten Prise Gewissen und Scham zu erkennen. Sie schauen nicht auf vom Tisch, sie gucken nicht in die Gesichter der anderen VIP-Gäste.

Ich frage mich, ob sie auch schon mal Cocktails mit Goldstaub getrunken haben, wie das von den Bankern der Wall Street kolportiert wird. Ich glaube, das ist weder gut verträglich, noch lecker, noch macht es glücklich. Sonst würden die Herren dort nicht so verkrampft und verschämt um diesen Tisch kauern. Ich greife beherzt nach meinem Saft und gehe zurück in die Arena zum Spiel.

Wimpern, die nicht zucken

Sie nennt sich „Pittbull mit Lippenstift“. Sie möchte aus dem Helikopter auf Männer schießen und Wölfe in den Irak schicken. Oder umgekehrt.

Sie verkörpert die über Jahrtausende nur latent aufblitzende weibliche Aggressivität. Sie streift die mentale Burka ab und zeigt ohne Scham, was darunter liegt. Sarah Palin zeigt die Merkmale, mit denen Mütter seit unzähligen Generationen aus Säuglingen Krieger machen. Gemetzel, Tod, Koleteralschäden, sie zuckt mit keiner (getuschten) Wimper. Bald ist sie Grandma, wenn ihre Tochter das uneheliche Kind wirft. Hier werden viele neue Krieger geboren.

Sie ist die starke Frau von heute. Eine Powerfrau, gegen die unsere müde gewordenen Feministinnen wie verbiesterte asexuelle Sachen wirken. Ehemalige Frauen mit weggestreamtem Gender, die gebetsmühlenartig immer und immer wieder stereotypes Frauen-Benachteiligungs-Gejammer abseiern. Wesen, die man nicht mal für viel Geld sexuell belästigen würde.

Und dann erscheint plötzlich dieser Pittbull, der bei einigen Männern sogar die Testosteronproduktion relauncht. Den Stoff, den die Männer dringend brauchen, wenn Palin sie in den nächsten Krieg schickt.

Eine starke aggressive Frau als Sheriff der Welt. Sie wird das schon richten, wenn der alte, gebrochene und traumatisierte Präsident McCain mal nicht weiter weiß.

Verbot des Tages: Überraschungseier

Endlich ist es demaskiert worden. Das Böse, das unsere Kinder in den frühzeitigen Tod treibt: Das Überraschungsei.

Glukose vom Übelsten kombiniert mit Spielzeug in einer ressourcenvergeudenden gelben Plastikkapsel. Zynisch eingehüllt in bunt bedruckte Alufolie, steht es in den Supermärkten auf Augenhöhe der Kinder, dieser armen Opfer raffgieriger raubtierkapitalistischer Menschenverachtung.

Ganze Paletten sogenannter Ü-Eier stehen neben den Kassen, bei Lieferung ummantelt von großen Kartons, auf denen nur für die Supermarktverkäufer die unzweideutige Handlungsanweisung prangt: „Impulsartikel. Bitte sofort neben der Kasse aufstellen!“

Spielerisch fett werden mit dem Überraschungsei
Spielerisch fett werden mit dem Überraschungsei

Wer es noch nicht begriffen hat: Es geht diesmal nicht darum, dass Kleinkinder sich an Plastikteilen verschlucken, um dann daran zu ersticken. Nein, es geht einzig und allein um die menschenfeindliche Kombination von Spielzeug und hochenergetischen Süßwaren. Die armen Kinder könnten zwischen beidem nämlich nicht richtig unterscheiden, weiß die Liberale Miriam Gruß. So, wie viele grenzdebile Jugendliche in der Werbung ja auch nicht zwischen der längsten Praline und einem Schokoriegel unterscheiden können. Da hört sogar bei der FDP die Liberalität auf. Will das Kind einfach nur spielen, wird es so genötigt, auch den Süßkram zu fressen, der es massiv übergewichtig macht und damit sein Leben erheblich verkürzt. Ganz abgesehen von der Schmach im schulischen Sportunterricht, wo das dicke Kind dann auch noch die sozialen Folgen des Überraschungseis („Du fette Sau!“) erdulden muss.
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Das Hysterie-Urteil

Es ist nicht so einfach, mal eben das zu verbieten, was ein Drittel der Bevölkerung täglich macht. Es ist auch nicht einfach, jeden Bürgern vor allen erdenklichen Risiken präventiv zu schützen, die er selbst gar nicht eingeht. Wie vor einstürzenden Turnhallendächern im Winter, vor unkonzentrierten Autofahrern, vor der Lautstärke spielender, lachender und zankender Kinder im Hof. All das könnte gesundheitsschädigende Folgen haben. Die Liste lässt sich beliebig verlängern.

Müsste man eigentlich verbieten und mit Bußgeldern versehen. Keine Öffnung von Turnhallen, wenn Schnee liegt, sonst Strafe. Verbot von Autofahrten, die nicht nachweislich dem Lebensunterhalt oder anderen zwingenden Notwendigkeiten dienen, die höher zu bewerten sind als das allgemeine Schutzrecht anderer Menschen, die durch das Auto und/oder seine Abgase geschädigt werden könnten. Kinder dürfen nur bis zu einer bestimmten Dezibel-Zahl zu fest definierten Zeiten orale Laute von sich geben. Sonst ist ein Bußgeld fällig. Im Wiederholungsfall droht eine Herausnahme aus der Familie, wie das heute schon häufig vorkommt, wenn die Eltern mal wieder nicht aufgeräumt haben.

Die, die das kontrollieren, sind die Ordnungsämter, früher hießen sie Blockwarte. Ein Heer von unterbezahlten armen Tropfen, die Tag für Tag, Stunde für Stunde, Strafzettel an Menschen verteilen, dafür, dass diese einfach nur so leben, wie sie das immer getan haben. Im Winter zum Ballspielen in die Turnhalle, die Beziehungsdiskussion am Steuer auf der Fahrt ins Grüne. Oder der immer wiederkehrende lautstarke Abzählreim der Kinder auf dem Hof.

Dann kommt es zur Frage der Verhältnismäßigkeit. Ist der Schutz der menschlichen Gesundheit höher zu bewerten als das Recht auf unkonzentrierte Spaßfahrten mit dem Auto ins Grüne? Diese Spritztour machen ja Menschen nur aus Spaß, zum Genuss. Oder aus Sucht, weil es PS-Junkies sind. Lärm, Feinstaub, Abgase, Verkehrstote, CO2. Durch Individualverkehr sterben aktiv wie passiv mehr Menschen als durch Rauchen. Aber was tut der Gesetzgeber?

Die plötzliche Rauchangst ist eine Hysterie, permanent medial angefeuert. Es wird eine Sau durchs Dorf getrieben, weil das in anderen Ländern ja auch so ist. Vor wenigen Jahrzehnten haben Bundestagsabgeordnete bei ihren Reden geraucht, Richter bestimmt auch im Richterzimmer. In Krankenhäusern, in U-Bahnen, Bussen, es wurde geraucht. Seither hat sich die Zahl der Raucher reduziert auf die Hälfte. Immer weniger gibt es – und auch immer weniger Passivrauch.
Trotzdem wird das Thema so hitzig diskutiert wie nie zuvor, die Gesellschaft wird mit einer Nebensächlichkeit gespalten.

Das jüngste Urteil der Bundesverfassungsgerichts ist ein Dokument dafür, wie durch gesellschaftliche Schaukämpfe Rechtssprechung immer undurchsetzbarer und damit auch beliebig wird. Deutlich wird das auch durch das abweichende Votum des Richters Johannes Masing. Im Gegensatz zu den anderen Richtern, die dem Gesetzgeber ein generelles Gastrorauchverbot geradezu in den Mund legen, hält Masing ein solches für verfassungswidrig. Und begründet dies:

„Der Gesetzgeber kann nicht im Verbotswege das gesellige Beisammensein und Feiern bei Tabak, Speise und Trank völlig aus dem öffentlichen Raum verbannen. Eine solche kompromisslose Untersagung wäre unverhältnismäßig und trüge die Gefahr paternalistischer Bevormundung. “

Habe ich heute eigentlich schon gegen ein Gesetz verstoßen? Vielleicht. Ich weiß es nicht, keiner kann es mehr wissen. Aber heute wird gefeiert. Da wird sich im Zweifel schon ein Vergehen finden.